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Vogelstimmenlexikon
Als ich im Mai 2012, ausgerüstet mit professionellem Aufnahmegerät und reichlich Naivität, zum ersten Mal auf Vogelstimmenfang ging, empfingen mich die gefiederten FreundInnen mit einem ausgewachsenen Konzert an der Hakenbrücke im südlichen Leipziger Auwald. Nach wenigen Minuten war klar: Hier lassen sich zwar viele Stimmen hören und tolle Aufnahmen machen. Aber in diesem Durcheinander einzelne Vögel zu bestimmen, wird gar nicht so einfach.
Seitdem gehe ich jährlich auf Stimmenfang. Gern kannst du mich begleiten, mit meiner Unterstützung eigene Aufnahmen machen und digital nachbearbeiten.
Bestimmen oder kennen?
Wenn du genau weißt, wie ein Vogel singt, kannst du ihn an der Stimme exakt zuordnen. Wenn du genau weißt, wie er aussieht, kannst du ihn an seinem Äußeren exakt zuordnen. In diesen Fällen brauchst du selbstverständlich keine Bestimmungshilfe.
12. Mai 2012, 5:05 Uhr, Nähe Wildpark Leipzig
Morgen-Jazz.
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Wenn du nur deine persönliche Wahrnehmung des Gesangs hast, eine schemenhafte Gestalt im Gebüsch erkennen kannst und Uhr- und Jahreszeit sowie die ungefähren Häufigkeiten kannst, mit denen Singvögel in deiner Region vorkommen, kannst du anhand dieser Indizien die Suche und die Anzahl potenzieller Singvögel eingrenzen. Genau dazu kannst du meine Bestimmungshilfe benutzen.
Mit diesem kleinen Vogelstimmenlexikon möchte ich dir eine anwendungsnahe Bestimmungshilfe an die Hand geben, mit der du relativ große Erfolgschancen beim Bestimmen haben solltest. Wie gehst du nun vor, wenn du einen Vogel singen hörst und nicht weißt, wer oder was das ist?
Halte zuerst Ausschau nach dem oder der UrheberIn. Beobachtung braucht natürlich Übung und Erfahrung, um zu erahnen, wo sich ein Vogel versteckt hält. Mit etwas Pech führt aber gerade die erfolgreiche Entdeckung dazu, dass sich das Tier auf und davon macht. Der Fluchtreflex bei Entdeckung ist ein evolutionäres Erfolgsmodell und bei Vögeln äußerst beliebt.
Häufigkeiten je nach Umgebung und Region
Wenn du den oder die SängerIn nicht finden kannst, schau dir deine Umgebung an. Auf dem freien Feld leben andere Vögel als im tiefen Wald. Hilfreich ist hier der Online-Vogelführer vom Naturschutzbund. Hier bekommst du einen Anhaltspunkt, welche Vögel in verschiedenen Lebensräumen anzutreffen sind. Damit kannst du meistens den Weißkopf-Seeadler und den Kaiserpinguin ausschließen.
Ich orientiere mich bevorzugt an den lokalen Erfahrungswerten, die der Arbeitskreis Vogelschutz vom Leipziger Naturschutzbund gemacht hat. Zum Teil wissen die Menschen vom Nabu im Detail, welcher Vogel in welchem Gebüsch wohnt.
Theoretischer ist die Verwendung von Häufigkeitsdaten, die der Naturschutzbund jährlich zweimal durch Beobachtungen erhebt. Zur Stunde der Gartenvögel werden stinknormale BürgerInnen eingeladen, sich eine Stunde in den Garten, auf den Balkon oder in den Park zu setzen und zu schauen, welche Vögel so unterwegs sind. Diese Daten werden eingesandt und ausgewertet. Im Winter gibt’s die Schwesteraktion Stunde der Wintervögel.
Diese Daten können dir ebenfalls zur groben Orientierung dienen. Dabei ist zu bedenken, dass es natürlich viel einfacher ist, einen Schwarm kreischender Mehlschwalben zu entdecken als eine still im Gebüsch hockende Heckenbraunelle.
Im Klartext: Die Rangliste gibt nicht die Häufigkeit der Vögel in Leipzig her, sondern die Häufigkeit der Beobachtungen. Dennoch ist sie besser als gar nichts, um die Suche einzugrenzen. Am Selbst-Denken und Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten führt eh kein Weg vorbei.
Vogeluhr
Eine weitere Möglichkeit, das Suchraster einzuschränken oder die Suche in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen, ist eine Vogeluhr. Singvögel haben unterschiedliche Zeiten, zu denen sie zu singen anfangen. Beide Annäherungen sind natürlich nur stochastischer Natur und denke daran: Vögel halten sich nicht zuverlässig an die Regeln.
Im nächsten Schritt gehst du die sicher zugeordneten Aufnahmen von Vogelstimmen in der Reihenfolge der von dir vermuteten UrheberInnen durch und gleichst sie mit deinem vorgefundenen Gesang ab.
Wenn du bei mir nicht fündig wirst, bietet dir das Internet eine weitere Vielzahl von Aufnahmen, beispielsweise im Online-Vogelführer vom Naturschutzbund. Beim Abgleich, zur Bestätigung und zur anschließenden Übergabe ans Langzeitgedächtnis helfen mitunter Merksätze oder lautmalerische Beschreibungen des Gesangs, auch wenn die manchmal recht krude daherkommen.
Viel Spaß und viel Erfolg bei deinen Expeditionen ins Tierreich. Über deine Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge würde ich mich freuen.
Piepmätze in der Übersicht
Dieses Vogelstimmenlexikon ist in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Naturschutzbund, der unabhängigen Filmgruppe Cinemabstruso und Fabian Haas Pixels on Screen komplett selbst gemacht. Wenn einzelne Aufnahmen nicht so gelungen oder etwas spärlich ausgefallen sind, haben die Vögel nicht richtig gesungen.
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Amseln haben ein sehr breites Repertoire an Haupt- und Nebenmotiven, die sie von ihren Eltern, anderen Singvögeln und Zivilisationsgeräuschen lernen individuell aufbereiten.
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Wie die Kohlmeise ruft die Blaumeise: Zizibäh. So typisch dieser Meisengesang ist, so schwierig macht es die Unterscheidung verschiedener Meisenarten. Blaumeisen verfügen über reichlich Variationen des Zizibähs.
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„Morgen, morgen, morgen kommt der Gerichtsvollzieherrrrrr“, „Fritz, Fritz, Fritz will wieder Zwetschgen stehl´n!“
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Der Fasan hat schon ein paar unterschiedliche Rufe. Am ehesten bekommt man aber den metallisch-rauen, zweisilbigen Revierruf zu hören: go-gock oder rauer gro-groch oder Gorch Fock.
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Der Feldsperling singt ein regelmäßiges, rhythmisches Tschilp-tschilp. Die Unterscheidung zum Haussperling ist erwartungsgemäß schwierig. Der Feldsperling singt etwas leiser und weicher.
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Der Girlitz klingt, als würde man mit einem rostigen Kinderwagen Wettrennen fahren. Sein Name soll lautmalerisch sein, zirrirrilit ist eine ebenso passende Umschreibung.
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Für seinen ersten Gesang hat dieser Typ eine ordentlich rasselnde Trillerpfeife verschluckt. Ebenso im Programm hat er ein langgezogenes Züüüürrrr, das er für unsere Aufnahmen allerdings nicht auspacken wollte.
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Welch ein unscheinbares Tier. Mit ihrer verdammt guten Tarnung fällt die Heckenbraunelle kaum auf, so dass wir sie am ehesten überhaupt am Gesang entdecken können
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In erster Linie pfeift der Kleiber in sich leicht ändernden Tonhöhe. Viele Themen hat er nicht auf Lager, aber seine Pfeiftöne variiert er. Seine Strophen bestehen aus 2 bis mehreren Pfiffen nacheinander, unterbrochen durch kurze Pausen. Und er singt sehr laut.
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Zizibäh. Das ist der typische Kohlmeisengesang. Leider können das erstens Blaumeisen genauso gut, zweitens sind Kohlmeisen sehr gut im Imitieren, vorzugsweise anderer Meisenarten, und drittens verfügen die lieben Meisen über viele Variationen des zizibähs.
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Mönchsgrasmücken singen mit heller, klarer Stimme. Einem leisen Einstieg folgen laute, sich überschlagende Töne. Die Strophen sind meistens recht kurz und Mönchsgrasmücken singen wenig variantenreich, so dass man sie an wiederholten Melodien erkennen kann.
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Das Rotkehlchen singt im Vergleich zur Amsel sehr zurückhaltend, rauschend und leise. Die Strophen sind wenig variabel mit einigen Spitzen, die Töne oft sehr hoch.
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„Wenn ein Vogel erstens sehr lange und zweitens ganz unterschiedliche Melodien singt, und wenn er drittens die einzelnen Motive gleich mehrere Male – meistens dreimal – wiederholt, dann handelt es sich um die Singdrossel“
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Viel Spaß beim Erkennen des Stars. Es könnte nämlich genauso gut ein anderer Singvogel, ein Hund oder ein Handy sein. Das Mistvieh kann praktisch alles nachahmen und entsprechend groß ist das Gesamtrepertoire.
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Der Name des Stieglitz soll lautmalerisch seinen Gesang beschreiben. Nun ja, mit viel Fantasie, aber eigentlich sind seine kurzen Strophen zwar gleich im Thema, aber viel zu variantenreich. Vor allem trägt er diese Strophen hastig, aber volltönend und eher weich vor.
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Das kleine, dicke Pummelchen hockt meist gut versteckt im Gebüsch und ist kaum zu entdecken. Überraschend laut für den kleinen Körper ist aber sein Gesang. Zu erkennen ist er an den recht langen Strophen bis zu 7 Sekunden, die in einzelne Abschnitte klar strukturiert sind.
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Das Einsteigermodell für Vogelstimmenbestimmer. Der Standardgesang des Zilpzalps ist absolut eintönig und monoton, also leicht zu erkennen. Sein Name soll eine Lautierung des Gesangs sein.
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